Ministerpräsident Volker Bouffier zur Initiative Gesundheitsindustrie Hessen: „Die Zusammenarbeit aller wichtigen Akteure ist der entscheidende Schlüssel, damit Hessen bei Pharma, Medizintechnik und Forschung seine Spitzenstellung weiter ausbauen kann“
Der Lenkungskreis der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen hat bei seinem Treffen neue Projekte vereinbart, um die Wertschöpfung und Innovationskraft der hessischen Gesundheitsindustrie weiter zu steigern. „Die hessische Gesundheitsindustrie ist ein zentraler Pfeiler unserer Wirtschaft. Sie trägt in hohem Maße zum Wohlstand unseres Landes bei und ist Garant in Krisenzeiten. Denn durch ihre geringere Konjunkturabhängigkeit hat sie sich als Stabilitätsanker erwiesen“, betonte Ministerpräsident Volker Bouffier am Mittwoch in Wiesbaden. Oberstes Ziel müsse es daher sein, den Produktionsstandort Hessen weiter zu stärken und auszubauen. „Die vergangenen zweieinhalb Jahre haben gezeigt, wie wichtig es ist, autark zu sein und über eine starke Produktions- und Forschungsinfrastruktur zu verfügen“, so Bouffier. Wirtschaftsminister Al-Wazir ergänzte: „Wir wollen die Akteure in Hessen daher noch stärker vernetzen, um ein dichtes Pharma-Medizintechnik-Ökosystem zu etablieren, das den Austausch von Wissen durch eine enge Verzahnung von Hochschulen, klinischen Forschungszentren und Industrie erlaubt.“
Hessen sei auch bei der Forschung bereits gut aufgestellt. Über 80 Prozent der Bruttotwertschöpfung in der industriellen Forschung und Entwicklung der Gesundheitsindustrie in Hessen entstehen in der Forschung und Entwicklung von Humanarzneimitteln. 886 Millionen Euro Bruttowertschöpfung wurden 2019 in der industriellen Forschung in Hessen erwirtschaftet. Somit sind rund 14% aller Bruttowertschöpfungs-Effekte in der industriellen Forschung und Entwicklung in Deutschland „Made in Hessen“. Mit jedem Erwerbstätigen in der hessischen industriellen Forschung und Entwicklung entstehen weitere 1,4 Erwerbstätige in der Gesamtwirtschaft Deutschlands.
Die Stärkung des Produktions- und Forschungsstandortes sowie die Sicherstellung der Versorgung stehen auch im Fokus eines gemeinsamen Standortpapiers, das bei dem Treffen der vier Partnergruppen verabschiedet wurde. „Die Initiative Gesundheitsindustrie Hessen ist einmalig in Deutschland. Wir haben sie vor neun Jahren auf den Weg gebracht, um genau diese Themen voranzubringen. Gemeinsam haben wir viel erreicht und werden dies auch künftig. Denn diese Zusammenarbeit aller wichtigen Akteure ist der entscheidende Schlüssel, damit Hessen seine Spitzenstellung bei Pharma, Medizintechnik und Forschung weiter sichern und ausbauen kann“, unterstrich Ministerpräsident Bouffier. Er kündigte an, dass die Landesregierung auf Basis dieses Austausches eine umfassende Strategie für die Gesundheitsindustrie in Hessen erarbeiten werde.
„Hessen ist im Ländervergleich nationale Spitze hinsichtlich der Wachstums- und Beschäftigungsbeiträge. Diese Rolle ist nicht selbstverständlich: Sie ist durch wesentliche Investitionen und Innovationen der Unternehmen und eine erfolgreiche Politik des Landes Hessen erreicht worden. Die Bruttowertschöpfung der gesamten industriellen Gesundheitswirtschaft in Hessen liegt bei rund 10,5 Mrd. Euro“, unterstrich der Ministerpräsident. Er betonte, dass Hessen zudem ein starker Forschungsstandort sei. „Während der Pandemie haben wir gesehen, welches Potential hier in Hessen liegt. Dies gilt es zu stärken und auszubauen“, so der Ministerpräsident. Um die Wertschöpfung und Innovationskraft der hessischen Gesundheitsindustrie nachhaltig zu sichern, stehe die Stärkung des Produktions- und Forschungsstandortes sowie die Sicherstellung der Versorgung im Fokus der Aktivitäten der Standortinitiative. „Die gemeinsamen Anstrengungen kommen am Ende allen Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu Gute“, so Bouffier.
Konkret kamen die Partner überein, sich für die folgenden Punkte zu Gunsten einer nachhaltigen Entwicklung des Standortes einzusetzen:
Sichere und stabile Lieferketten und Sicherung der gesamten Wertschöpfung am Standort
„Die Versorgungssicherheit muss Vorfahrt vor der Erschließung letzter Wirtschaftlichkeitsreserven haben. Die pharmazeutische Industrie in Deutschland ist innovativ und stark. Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht nur auf die Kosten, sondern auch auf die Industrie als Wirtschaftsfaktor und Innovationstreiber schauen. In letzter Instanz würde dies dem System mehr schaden als nutzen“, forderte Olaf Weppner, Geschäftsführer AbbVie und Mitglied im Lenkungskreis der Initiative. Andernfalls verursache der Preisdruck, dass die Produktion ins EU-Ausland verlagert werden müsse, um erstattungsfähig zu bleiben. „Die veränderten geopolitischen Herausforderungen erfordern jedoch eine starke europäische Produktionsbasis. Nur so kann gerade auch in künftigen Krisensituationen zielgerichtet und flexibel reagiert werden, um eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen“, ergänzte Dr. Dirk Hoheisel, General Manager CSL Behring und Mitglied im Lenkungskreis der Initiative. Ziel müsse es sein, eine Abwanderung der Herstellung innovativer Arzneimittel zu verhindern.
„Wirtschaftsförderung und wirtschaftliche Arzneimittelversorgung sind fein auszutarieren. Die besondere Herausforderung besteht darin, auch künftig eine faire Balance sicherzustellen, die sowohl ausreichende Anreize für Innovationen bietet, als auch Bezahlbarkeit und Arzneimittelversorgung sicherstellt“, sagte Gesundheitsminister Kai Klose.
Zugang zu Gesundheitsdaten
„Der direkte Zugang zu qualitätsgesicherten, großen Datenmengen erweitert die Möglichkeiten, die Forschung mit innovativen KI-Anwendungen insbesondere in der klinischen Forschung zu unterstützen. Unser Ziel ist daher, mittelfristig die Entwicklung dieser Anwendungen durch Start-ups in Hessen zu fördern und dabei an die erfolgreichen Strukturen des Financial Big Data-Cluster anzuknüpfen,“ sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir.
„Forschung und Innovation sind der Grundstein einer erfolgreichen Gesundheitsindustrie am Standort Hessen. Eine verbesserte Akzeptanz in der Bevölkerung und eine strategische Forschungsförderung steigern die Bedeutung des Wissenschaftsstandortes Hessen“, erklärte Professor Gerd Geißlinger, Leiter des Instituts für Klinische Pharmakologie am Klinikum der Goethe-Universität und des Fraunhofer Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie, ITMP. Darüber hinaus trügen sie zur Sicherung der Produktionsstandorte und den damit verbundenen hochqualifizierten Arbeitsplätzen bei und ermöglichten es, die Stärken des Standortes entlang der gesamten Wertschöpfungskette weiter auszubauen. „Die Verwendung pseudonymisierter Gesundheitsdaten aus dem Versorgungsalltag und aus klinischen Studien beinhaltet das Potential, Innovationen im Bereich der Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu ermöglichen, die dann wieder den Patientinnen und Patienten zugutekommen“, so Dr. Matthias Wernicke, Geschäftsführer Merck Healthcare Germany und Mitglied im Lenkungskreis der Initiative.
„Die Nutzung anonymisierter oder pseudonymisierter Gesundheitsdaten ist ein zentraler Schlüssel für medizinischen Fortschritt und eine verbesserte Gesundheitsversorgung. Im Bereich der Forschung heben wir damit das Potential der Entwicklung innovativer Therapien, indem mit Hilfe der Datennutzung z.B. Biomarker oder neue Angriffspunkte für innovative, personalisierte Therapien identifiziert werden können“, ergänzte Professor Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung bei Sanofi und Leiter der IGH-Werkstatt Gesundheit und Versorgung.
Digitalisierung
Innovative digitale Ansätze seien für alle Bereiche der Gesundheitsindustrie von der Forschung über die Entwicklung bis hin zur Produktion und Versorgung überlebenswichtig. „Wir sollten alles daransetzen, innovative digitale Produktions- und E-Health-Lösungen schneller in die Anwendung zu bringen“, so Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus. „Digitalisierung ermöglicht die Generierung von Gesundheitsdaten und eine deutlich effizientere und wirksamere Patientenversorgung“, ergänzte Dr. Hans Joachim Hutt, Wissenschaftsleiter LEO Pharma und Mitglied im Lenkungskreis. Die Initiative setze sich daher für einen harmonisierten Datenaustausch und eine einheitliche Auslegung der DSGVO über alle 16 Bundesländer hinweg ein sowie für einheitliche IT-Standards und interoperable Systeme.
Fachkräfte
„Der Fachkräftemangel trifft auch unsere Branche im erheblichen Maße. Die Gesundheitswirtschaft leistet ihren Beitrag zur Sicherung des Standorts Hessen, indem sie die Ausbildung und Weiterentwicklung von Fachkräften fördert“, merkte Sabine Süpke, Landesbezirksleiterin der IGBCE Hessen-Thüringen und Lenkungskreismitglied, an. Die Unternehmen sorgten gemeinsam mit der IGBCE für gute Arbeitsbedingungen und angemessene Entgelte. Im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte setze sich die Initiative dafür ein, Hessen als Innovations- und Forschungsstandort und attraktiven Lebensmittelpunkt auszubauen. Darüber hinaus würden innovationsfreundliche politische Rahmenbedingungen und die Überzeugungsarbeit aller Beteiligten benötigt.