Wie verändern sich Arbeitswelten in der Gesundheitsindustrie? Dieser Frage widmete sich die Initiative Gesundheitsindustrie Hessen (IGH) mit Expertinnen und Experten aus Unternehmen, Wissenschaft, Politik und Verbänden. Im Mittelpunkt standen innovative Ansätze für Fachkräftesicherung, Führungskultur und Mitarbeiterbindung.
Herausforderungen machen Transformation der Arbeitswelt notwendig
In Zeiten des demografischen Wandels entscheidet sich die Zukunft der Industrie nicht nur an Produktionslinien, sondern auch im Umgang mit den Menschen, die dort arbeiten. Die IGH setzt sich dafür ein, die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Arzneimitteln und Medizinprodukten am Standort Hessen sicherzustellen – und gleichzeitig Arbeitsplätze zu sichern sowie neue, hochqualifizierte Stellen zu schaffen.
Doch Fachkräftesicherung bleibt eine der größten Herausforderungen. Attraktive Arbeitsbedingungen und starke Tarifverträge verschaffen der Branche Vorteile. Zugleich fordern wirtschaftliche Unsicherheiten und geopolitische Entwicklungen die Unternehmen heraus: Sie müssen den Spagat meistern zwischen einer resilienten Produktion und der Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden.

Heike Hofmann (Hessische Ministerin für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales) hält das Grußwort ©IGH / Ivgenia Möbus
Heike Hofmann, Hessische Ministerin für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales, sieht die Lösung darin, alle Potenziale in der Gesellschaft und Wirtschaft zu mobilisieren, um diese Kraftanstrengung zu schaffen: „Die Transformation der Arbeitswelt ist essentiell, um wettbewerbsfähig zu bleiben und sie ist eine Daueraufgabe – auch gesamtgesellschaftlich. Am Ende geht es um den Erhalt und die Sicherung unseres Wirtschaftsstandorts in Deutschland und Hessen.“ der Praxis: Weniger Diskussion, mehr Umsetzung
Gelungene Praxisbeispiele aus der Industrie
Bei der Veranstaltung „Moderne Arbeitswelten“ zeigte Sanofi, wie Mitarbeitende als Kulturbotschafterinnen und Botschafter die Transformation aktiv mitgestalten. Geschäftsführerin Anne Reuschenbach, Michaela Paudler-Debus (Head of Culture & Engagement) und Dimitra Karamatskou (Equipment Expert und QC Analyst) berichteten, wie das Unternehmen Kulturbotschaftsteams in die Organisationsentwicklung einbindet.

Katja Teppe (HR-Managerin bei Eisai) mit ihrem Vortrag “Ein Spagat: Zwischen Ansprüchen Arbeitnehmender und Arbeitgeberleistungen” ©IGH / Ivgenia Möbus
Auch Eisai stellte seinen Ansatz vor: HR-Managerin Katja Teppe erläuterte, wie Verantwortung konsequent an themenspezifische Fokusgruppen zurückgegeben wird. Mitarbeitende entscheiden auf Basis von Befragungen selbst, welche Maßnahmen für Entlastung und Wertschätzung wichtig sind.
Neue Anforderungen an Führung und Arbeitskultur
Das Podium brachte unterschiedliche Perspektiven zusammen: Vertreterinnen und Vertreter aus Verbänden, Wissenschaft, Krankenkassen und Gewerkschaften – darunter Boris Wein (HessenChemie), Sabine Süpke (IG BCE), Karen Walkenhorst (Techniker Krankenkasse) und Prof. Dr. Jutta Rump (Institut für Beschäftigung und Employability).
Diskutiert wurden zentrale Fragen der Arbeitswelt:
- Welche Chancen bietet die Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort?
- Wie stärken Tarifverträge Arbeitgeberattraktivität?
- Warum sind Partizipation und gute Führung unverzichtbar?
Einigkeit herrschte darin, dass eine Führungskultur auf Augenhöhe die Mitarbeiterbindung stärkt. Agile Modelle ohne Führung hingegen seien keine Lösung, wie Prof. Dr. Rump betonte. Sie verwies zudem auf wissenschaftliche Ergebnisse, die zeigen, was Beschäftigte besonders schätzen: Teamgeist, angemessene Bezahlung, Flexibilität bei Zeit und Ort, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie sichere Arbeitsverhältnisse erhöhen die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und sorgen für einen sogenannten „Klebeeffekt“.
Die hessische Gesundheitsindustrie zeichnet sich nicht nur durch einen guten Tarifvertrag aus, sondern auch durch die Tatsache, dass es keinen Gender-Pay-Gap gibt, ergänzte Süpke.
Boris Wein sah in Künstlicher Intelligenz einen wichtigen Hebel gegen den Fachkräftemangel. Karen Walkenhorst wies in der Diskussion um die zunehmende Arbeitsbelastung der Arbeitnehmer auf einen statistischen Effekt hin: Denn seit 01. Januar 2023 werden Krankmeldungen automatisch und damit erstmals vollständig gemeldet.
Ausblick
Die Diskussion machte deutlich: Die Gesundheitsindustrie in Hessen ist nicht nur systemrelevant, sondern auch ein attraktiver Arbeitgeber. Damit das so bleibt, braucht es innovative Personalpolitik, den Mut zur Veränderung – und die aktive Einbindung der Mitarbeitenden in die Gestaltung der Arbeitswelt von morgen.

Auditorium ©IGH / Ivgenia Möbus