Der Pharmastandort Hessen zeichnet sich durch seine wirtschaftlich herausragende Position und überdurchschnittliche Forschungsintensität der pharmazeutischen Unternehmen vor Ort aus. Die Branche stützt sowohl den Industriestandort Hessen als auch die Pharmaindustrie in Deutschland und konnte sich im Jahr 2021 abermals als einer der wichtigsten Pharmastandorte beweisen. Daher ist
Hessen auch überproportional vom GKV-Finanzstabilisierungsgesetz betroffen.
Beim Parlamentarischen Abend der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen in Berlin sprachen Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen), Prof. Dr. Andrew Ullmann (FDP), Stephanie Albrecht-Suliak (IGBCE), Dr. Isabella Erb-Herrmann (AOK Hessen) und Dr. Matthias Wernicke (Merck Healthcare Germany) über die Zukunft des Ökosystems Gesundheitsindustrie.
Aktuell stehen wir gemeinsam vor großen Herausforderungen: Engpässe in Lieferketten, hohe Energiekosten und eine allgemeine wirtschaftliche Verunsicherung. Kosteneinsparungen sollen
generiert und dabei die Versorgungssicherheit und -qualität gewährleistet bleiben. Für das Jahr 2023 liegt das prognostizierte Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung bei 17 – 25 Mrd. Euro.
Die Politik antwortet darauf mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, dass kurzfristig Abhilfe schaffen kann, jedoch langfristig mehr Schaden anrichtet als dienlich ist. „Um die Gesundheitsversorgung – und damit auch die Versorgung mit Arzneimitteln – in Deutschland nachhaltig zu sichern, braucht es Strukturreformen. Diese wirken aber eher mittelfristig“, bringt Dr. Isabella Erb-Hermann in die Debatte ein. Deshalb braucht es kurzfristig auch kostensteuernde Eingriffe, die den Ausgabenanstieg zumindest milder.“
Matthias Wernicke weist auf eine IGES-Studie hin, die zeigt, dass die Arzneimittelausgaben in den letzten 10 Jahren weniger stark gestiegen sind als die GKV-Ausgaben insgesamt. Das Gap liegt bei einem halben Prozentpunkt. „Damit ist eine überproportionale Belastung der pharmazeutischen Industrie nun wirklich nicht zu rechtfertigen“. Er sieht Arzneimitteln als Inflationsbremsen: „Wir als pharmazeutische Industrie dürfen die Preise für innovative Arzneimittel vom ersten Tag an nicht anheben – wo gibt es so etwas sonst heutzutage?“ Er fordert den ernsthaften Dialog zwischen Politik und Industrie über das Management der Kosten im Gesundheitssystem.
Stephanie Albrecht-Suliak, IGBCE sieht auch die Arbeitgeber in der Pflicht. „Das Riskmanagement der Pharma-Unternehmen muss angesichts der multiplen Krisen dieser Zeit politischer werden, um langfristig Wachstum mit einem hohen Beschäftigungsniveau und guter Arbeit in Deutschland zu sichern“. Sie fordert, Resilienz neben Effizienz als oberstes strategisches Ziel zu verankern: „Lieferverlässlichkeit muss neben dem wirtschaftlichsten Preis Teil der Beschaffungskriterien sein.“