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Länderdialog der industriellen Gesundheitswirtschaft 

Am Abend des 26. März 2025 fand in Berlin der Dialog der Wirtschaftsministerien der Länder Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz mit der industriellen Gesundheitswirtschaft statt. Die industrielle Gesundheitswirtschaft (iGW) spielt eine zentrale Rolle sowohl für das deutsche Gesundheitssystem als auch für die gesamte Industrie. Denn mit einer Bruttowertschöpfung von 106,5 Mrd. Euro, 1,1 Mio. Erwerbstätigen und Exporten in Höhe von 160,7 Mrd. Euro im Jahr 2024 nimmt die iGW eine Spitzenposition in Deutschland ein. Ihr Anteil an Wertschöpfung, Beschäftigung und Exporten liegt über dem Bundesdurchschnitt. 

Die Politik hat erkannt, dass es einer gezielten Unterstützung bedarf, um die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln zu gewährleisten und die Innovationskraft in den Bereichen Pharma, Medizintechnik, Diagnostik und Health-IT zu stärken. Ziel ist es, Strategien zu entwickeln, die das wirtschaftliche Potenzial der iGW für den Arbeitsmarkt, die wirtschaftliche Souveränität und die Gesundheitsversorgung optimal nutzen. Der Länderdialog bot eine wertvolle Plattform für den Austausch zwischen Politik, Forschung und Industrie. 

Die iGW als Wachstumsmotor 

Dr. Martin Albrecht, Geschäftsführer Gesundheitspolitik des IGES Instituts, hob die Bedeutung der iGW als wirtschaftlichen Treiber hervor. Neben ihrer wirtschaftlichen Bedeutung ist sie auch ein wichtiger Akteur in der Forschung: Bei den Patentanmeldungen in den Bereichen Medizintechnik, Pharma und Biotechnologie belegt Deutschland nach wie vor eine Spitzenposition. Insbesondere die vier südlichen Bundesländer und Berlin bilden dabei die Spitze der deutschen industriellen Gesundheitswirtschaft. 

Um diesen Erfolg fortzusetzen, sieht Albrecht Handlungsbedarf für die Politik. Wichtige Maßnahmen seien die Stärkung von Arbeitsanreizen, eine produktivitätsorientierte Wachstumspolitik, der konsequente Ausbau der Digitalisierung, eine gezielte Steuerung der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen sowie die Begrenzung der Steuer- und Abgabenlast für Unternehmen. 

Die iGW, so Dr. Martin Albrecht weiter, kann durch ihre Innovationskraft entscheidend zur wirtschaftlichen und gesundheitlichen Weiterentwicklung beitragen. Denn neue Produkte und verbesserte Prozesse steigern nicht nur die Qualität der medizinischen Versorgung, sondern stärken auch die Finanzierungsbasis des Gesundheitssystems – beispielsweise durch eine verlängerte Lebenszeit und höhere Effizienz.  

Hessen als Standort mit Potenzial und Herausforderungen 

Umut Sönmez, Staatssekretär des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum, stellte die besondere Bedeutung Hessens als Standort der Gesundheitswirtschaft heraus. Hessen hat sich von der “Apotheke der Welt” zu einem führenden Standort für Forschung und Entwicklung in der Pharma- und Chemieindustrie entwickelt. 

Umut Sönmez, Staatssekretär des hessischen Wirtschaftsministeriums, und Prof. Hagen Pfundner, Roche Holding als Podiumsteilnehmer beim Länderdialog der iGW (© IGH) 

Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, sind jedoch verstärkte Investitionen und strukturelle Reformen erforderlich, insbesondere im Bereich der Start-up-Förderung. Ein neues Mindset sowie attraktivere Rahmenbedingungen sind notwendig, um Innovationen zu fördern. Gleichzeitig stellt der Erhalt von Fachwissen eine zentrale Herausforderung dar. Gerade mit Blick auf zukünftige Gesundheitskrisen, wie potenzielle Pandemien, ist dieses Wissen essenziell. 

Weitere Herausforderungen für die Wirtschaft in Hessen sind hohe regulatorische Hürden und steigende Energiepreise. Der Abbau bürokratischer Hürden könnte das Bruttoinlandsprodukt erheblich steigern – ein Beispiel ist die dringend notwendige Überarbeitung der BImSchG-Verordnung. Während andere Länder, insbesondere die USA, massiv in Zukunftstechnologien investieren, muss Hessen seine Forschungsergebnisse gezielt in die industrielle Umsetzung bringen. Mit dem Hessen-Fonds, der eine Milliarde Euro umfasst, sollen Unternehmen in Transformationsprozessen unbürokratisch unterstützt werden. 

Besondere Defizite sieht Sönmez im Bereich der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz. Die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Hessens wird maßgeblich davon abhängen, ob hier entscheidende Fortschritte erzielt werden. 

Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor für Hessen 

In einer bundesweit einzigartigen Initiative haben sich 2013 die Hessische Landesregierung gemeinsam mit Unternehmen der Gesundheitsindustrie, der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie sowie Vertretern aus Wissenschaft und Forschung zusammengeschlossen. Die Initiative Gesundheitsindustrie Hessen (IGH) bündelt das Fachwissen der Akteure, um in enger Abstimmung mit der Hessischen Staatskanzlei sowie Ministerien zukunftsfähige Konzepte zu entwickeln. Ziel ist die Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Arzneimitteln und Medizinprodukten sicherzustellen, bestehende Arbeitsplätze zu erhalten und neue, hochqualifizierte Stellen zu schaffen sowie die Gesundheitsindustrie als bedeutenden Wirtschaftssektor weiter auszubauen.